von Katharina Iyen
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26. November 2024
Kein Problem mit "Problemlosen" Zuerst: Wer ein stabiles Zuhause hat, eine eigene Etage im Elternhaus und sich nie Sorgen um Miete, Nebenkosten oder das nächste Mittagessen machen musste, hat sicher trotzdem andere Herausforderungen. Aber wenn Menschen sich dann zum Beispiel mit ihrem Business als völlig „Self-made“ präsentieren, fehlt etwas Entscheidendes: Transparenz über die Umstände, die den Weg ebneten. Warum Transparenz wichtig ist Viele verschweigen ihre Vorteile – bewusst oder unbewusst. Sie hatten vielleicht ein Zuhause, das sie auffing. Eine Familie, die Rechnungen bezahlte, während sie ihre Visionen verwirklichten. Vielleicht fuhren sie jeden Morgen im Maserati zur Schule (Hallo, Errol Musk, Vater von Elon, mit seiner Sammlung aus Ferrari, Porsche und Lamborghini) und zahlreichen Immobilien. Hatte das keinen Einfluss auf das Vermögen von Elon Musk? Mark Zuckerberg Vermögen und Co Mark Zuckerberg, der Gründer von Facebook, stammt aus einer wohlhabenden Familie. Seine Eltern – eine Zahnärztin und eine Psychiaterin – führten eigene Praxen und ermöglichten ihm Zugang zu einer der besten Schulen der USA, der Phillips Exeter Academy. Anschließend studierte er in Harvard, wo er Facebook gründete. Ohne diese Eliteausbildung und die Netzwerke seiner Eltern wäre sein Erfolg in dieser Form kaum denkbar. Donald Trump inszeniert sich gerne als „Mann des Volkes“. Doch sein Weg begann nicht pleite. Sein Vater, Fred Trump, war ein Immobilienmagnat, dessen Vermögen den Grundstein für Trumps Karriere legte. Er selbst besuchte Eliteeinrichtungen wie die Wharton School. Und profitierte massiv von den Unternehmen seines Vaters. Fassen wir nochmal zusammen, was ich das Märchen vom „Self-made-Erfolg“ nennen möchte: Elon Musk besuchte eine Privatschule in Pretoria, bevor er an Elite-Universitäten wie der University of Pennsylvania studierte. Sein Vater besaß Smaragdmine-Anteile und eine Garage, die wie ein Luxusauto-Museum wirkte. Auch Mark Zuckerberg und Donald Trump hatte Zugang zu exzellenten Schulen und Universitäten. Wenn jemand solche Startvorteile verschweigt oder nicht thematisiert, entsteht eine schiefe Optik. Warum? Weil sie Menschen, die keine solche Unterstützung hatten, ein falsches Bild von Erfolg vermitteln. Wer denkt: „Wenn ich das geschafft habe, kannst du das auch“, vergisst: Der Startpunkt macht einen riesigen Unterschied. Oft fehlt hier die Sensibilisierung. Menschen bleiben in ihrer Schicht, und wer keine Berührungspunkte mit anderen sozialen Klassen hat, sieht oft nicht, wie groß die Unterschiede sind. Ich habe das erlebt – als „Social Hopper“, jemand, der zwischen sozialen Klassen wechselt. Transparenz bedeutet: zu erkennen, dass Erfolge nicht im luftleeren Raum entstehen. Dass sie eine Ursache haben, in Familie, Netzwerken, Ressourcen, und dass diese Umwelt zulässt, Talente zu entfalten. Das ist okay – solange sie ehrlich sind. Aber oft wird das verschwiegen. Ihre Geschichten werden als die von „Self-made-Millionären“ verkauft. Und das schafft eine Illusion, die so nicht stimmt. Es ist nicht nur unehrlich, sondern auch gefährlich. Weil es suggeriert, dass Erfolg nur vom individuellen Willen abhängt. Aber das ist ein Märchen. Klar kann der Wille Berge versetzen – aber wenn du unsichtbare Mauern überwinden musst, brauchst du einen viel stärkeren Willen. Wer mit Netz und doppeltem Boden über ein Hochseil balanciert,hat unendlich viele Versuche. Der andere knallt halt auf den Apshalt und überlebt, vielleicht. Kinder und das System In der Grundschule wird nicht nur nach Leistung entschieden. Es geht um Herkunft, soziale, ethnische, etc. Kinder werden in Rollen gedrückt, die sie entweder groß machen oder klein halten. Was wird aus einem Kind, das Potenzial hat, aber nicht die „richtige“ Herkunft? Erwachsene können sich wehren. Sie können Verhaltensweisen hinterfragen. Kinder können das nicht. Sie wissen nicht, dass die Bewertung oft von außen kommt und nichts mit ihren Begabungen zu tun hat. Was Studien über Chancen sagen Es gibt klare Zahlen, die zeigen, wie stark soziale Herkunft und Erfolg miteinander verknüpft sind. Laut der Friedrich-Ebert-Stiftung ist der Bildungserfolg in Deutschland stärker von der sozialen Herkunft abhängig als in vielen anderen OECD-Ländern (FES-Studie) . Die Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) zeigt, dass Kinder aus nicht-akademischen Familien bei gleichen Leistungen seltener eine Gymnasialempfehlung erhalten als Kinder aus akademischen Haushalten ( bpb.de ). Auch im Unternehmertum spiegelt sich diese Dynamik wider. Eine Studie des Startup-Verbands fand heraus, dass 38 % der Gründer:innen mindestens ein Elternteil haben, das selbstständig war, während 24 % aus Unternehmerfamilien stammen ( taz.de ). Es zeigt sich: Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem ist ein Wunschdenken, keine Realität. Ebenso bleibt es schwierig, echte Aufstiegsmöglichkeiten in Deutschland zu schaffen, wenn strukturelle Hürden bestehen. Diese Zahlen verdeutlichen, dass Erfolg selten nur eine Frage des individuellen Willens ist. Viel häufiger hängt er davon ab, welche Startbedingungen jemand hatte. Ehrlichkeit und Transparenz Ich habe Freunde, die privilegiert aufgewachsen sind. Und ich hatte nie ein Problem damit, dass manche Menschen besser starten. Aber ich habe ein Problem mit den Geschichten, die daraus gemacht werden, insbesondere in der globalen PR-Maschinerie und auf Social Media. Es sind die Verzerrungen, die mich stören. Sie machen Hürden unsichtbar und suggerieren, dass Menschen, die scheitern, selbst schuld sind. Dieses Narrativ hält sich hartnäckig: Wer arm ist, hat einfach nicht genug getan. Wer es nicht schafft, ist nicht gut oder fit genug. So bleibt ein negativer Kreislauf aus Scham und Shaming erhalten. Transparenz ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Sie zeigt, dass du ein Bewusstsein dafür hast, dass der Bildungs- und Arbeitsmarkt eben nicht fair ist. Und genau das ist der erste Schritt, um sich ehrlich miteinander zu verbinden – und vielleicht sogar etwas zu verändern.